Die Reisen in die Schweiz waren schon immer ein Garant für kuriose Abenteuer. Auch das BigAir sollte einige dieser Art für uns bereithalten: Abseits des fantastischen Kraftklub-Konzerts gerieten wir einmal mehr in Konflikt mit den Schweizer Behörden und Inga wurde am Ende sogar noch bestohlen.
Ein unverhoffter Zwischenstopp in Österreich
Aber fangen wir vorne an. Unser kleines Abenteuer beginnt am Vormittag, irgendwo auf der Autobahn. Blind lassen wir uns von Google Maps gen Chur navigieren, total vertieft in Gespräche achten wir wenig darauf, wo wir denn eigentlich herumfahren. Als das Navi anzeigt, dass es nur noch 1,5 Stunden bis zum Festival sind, werden wir erstmals skeptisch: Denn wir befinden uns noch immer auf deutschem Boden.
Wir beginnen, nach einem Grenzübergang Ausschau zu halten und tatsächlich, nur wenige Minuten darauf passieren wir eine Grenze. Wir freuen uns über das Ausbleiben von Kontrollen, ehe unsere Handys uns fröhlich in Österreich begrüßen. Panik macht sich breit. In Ermangelung einer österreichischen Mautplakette fahren wir sofort auf einen Rastplatz und klären zunächst, ob wir überhaupt in das richtige Chur fahren – denn einen Stopp in Österreich hatten wir eigentlich nicht auf der Agenda.
Und tatsächlich: Das hat seine Richtigkeit. Wir erwerben zähneknirschend eine weitere Mautplakette und setzen unsere Fahrt nach einem kurzen Schockmoment fort. Feixend lachen wir darüber, das es mit der Schweiz einfach nie unkompliziert sein kann – nichtahnend, dass das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein würde.
Endlich wieder Konfro mit den Schweizer Behörden
90 Minuten später sehen wir schon von der Autobahn aus die Sprungschanze des BigAir. Wir fahren den Schildern nach zum Parkplatz, für den man schon im Vorfeld einen Voucher erwerben musste. Die Verkehrsführung ist wirr und plötzlich landen wir auf einer einspurigen „Straße“, die durch Feld und Wiese führt. Von weitem erblicken wir bereits einen motivierten Lotsen, der die Parkvoucher scannt. Natürlich sind wir schlecht vorbereitet und haben unseren Voucher nicht greifbar, dafür aber sehr viele Autos hinter uns, die es mit dem Befahren des Parkplatzes offenbar eilig haben. Ich beschließe also kurz am Feldrand zu halten, um den Verkehr nicht unnötig aufzuhalten und in Ruhe das Parkticket hervorzukramen. Warnblinker, Motor aus.
Was jetzt nach einem ganz normalen Vorgang klingt, war offenbar nicht so rechtens, wie unsererseits angenommen. Direkt neben uns hält ein orangefarbenes Auto, das wir nicht näher beachten. Wie wir schon bald herausfinden sollten, sind Schweizer Polizeiautos orange. Das wird uns klar, als neben meiner Scheibe ein Mann beginnt sehr laut loszuschreien und mit einem kleinen Gebührengerät zu winken.
Ich lasse verunsichert die Scheibe herunter und höre nun lautstark das Gebrüll des Mannes, von dem ich jedoch kein Wort verstehe. Ich frage verunsichert nach, was ich falsch gemacht habe. Wieder bellt er in seinem schönsten Schweizerdeutsch in das Auto hinein. Inga und ich versuchen ihm zu erklären, das wir nur den Verkehr nicht aufhalten wollen und wir gleich wieder wegfahren, doch der Mann wird immer wütender: Offenbar sei das Stück Acker, auf dem wir gerade angehalten haben, frisch mit Rasensamen eingesäht worden und wir zerstörten nun die zukünftige Wiese.
Dass wir eigentlich nur aus Rücksichtnahme auf die anderen Anreisenden gehalten haben, interessiert den Mann nicht – denn mit seinem Polizeiauto ist es nun er, der den Verkehr verstopft. Immer wieder versuche ich mich zu entschuldigen, doch der Schweizer Polizist hört einfach nicht auf, uns anzuschreien. Aus Sorge vor einem Strafzettel wegen Rasenschändung, für den ich sicher einen Kredit aufnehmen müsste, fahre ich einfach wieder los, während der Mann noch auf der Straße protestiert.
Noch drei weitere Male sollten wir an diesem Tag in den übellaunigen Helveticop laufen, jedes Mal zucke ich kurz zusammen und fürchte, wegen unlauteren Benehmens inhaftiert zu werden. Nichtsdestotrotz konnten wir auch diese Begegnung mit den kuriosen Schweizer Behörden einmal mehr souverän meistern.
Merke: Auf einem Wintersport-Event ist nicht zwingend kalt

Bei strahlendem Sonnenschein und angenehmem Pullover-Wetter stehen wir vor der Bühne, von der aus wir sogar einen Blick auf die Springschanze erhaschen können. Drei Acts erwarten uns diesen Nachmittag, bevor bereits um 18.45 Uhr Kraftklub an der Reihe sind.
Ein kurzer Abriss über die musikalischen Darbietungen des Festivals:
KT Gorique: Eine französische Rapperin, die gemeinsam mit ihrem Backup gut unterhält und ziemlich viel auf dem Kasten hat. Die Zeit vergeht schnell und wir sind äußerst stolz darüber, das wir ihre französischen Ansagen verstehen.
01099: So alt habe ich mich noch nie auf einem Konzert gefühlt. Richtiger Boomermoment, als einer der drei Autotune-Boys das Publikum fragt, wer denn unter 20 sei und gefühlt alle fünftausend Handyhochhalter laut schreien. Mein persönliches Highlight ist, dass sie ihren „besten“ Song einfach zweimal spielen, weil ihr Material für den gebuchten Slot von einer Stunde nicht ausreicht. Müsste ich Punkte vergeben, würde ich alleine für die unmöglich ernstgemeinten Outfits eine negative Punkteskala in Betracht ziehen.
Steff la Cheffe: Soul-Reggae-Jazz mit Rap – auf schweizerdeutsch. Verstanden haben wir leider kaum etwas, weder von Ansagen noch von den Songs. Dafür wunderten wir uns über die wirre musikalische Kombination.
Weiße Rollkragenpullover und gute Laune
Und dann kamen Kraftklub auf die Bühne, ganz mondän in weißen Rollkragenpullovern und mit Sonnenbrillen. Es zeigt sich, dass sie ebenso wie wir davon ausgingen, in einem noblen Skigebiet auftreten zu dürfen – Stattdessen war es leider ein wenig stimmungsvolles Industriegebiet direkt an der Autobahn. Das hindert den Klub aber nicht daran, das noble Ski-Snob-Outfit voller Stolz und mit größtmöglicher Freude auf die Bühne zu tragen. Tatsächlich steht das auch allen ausgesprochen gut, doch Till, der nach dem zweiten Song ein laut vernehmbares „Waaaaarm“ über die Bühne brüllt, sieht mit Rollkragenpullover eher aus wie in einer Zwangsjacke.

Die gute Laune der Band soll sich durch das ganze Konzert ziehen: Irgendwie wirkt es in der Schweiz immer so, als wären Kraftklub besonders gelöst. Das Set, das heute nur eine Stunde lang ist, wurde genau an den richtigen Stellen zurechtgestutzt und wird so zu einer extrem runden Sache ohne wirkliche Tiefpunkte.
Von der Bühne aus geht ein großer Steg zu einem kleinen Podest, sodass wir ein 360 Grad Erlebnis hatten. Egal in welche Richtung man geschaut hat, irgendwas passierte immer. Normalerweise sind wir nicht gerade ausgesprochene Fans von solchen Bühnenkonstruktionen, in Chur war das allerdings gut gelöst und so ein absoluter Mehrwert für die Show.
Obwohl es nur ein schmales einstündiges Set war, hat mir dieses Konzert deutlich besser gefallen, als so manche Show, bei der es 3-4 Songs mehr zu hören gab. Ich gehe sogar so weit, dass Chur eine der besten Shows dieses Sommers war, einfach weil die Setlist extrem stimmig die gute Laune der Band untermalt hat. Eine Stunde lang geballtes Ausrasten, all killer, no filler.
Das hat in Summe einfach unfassbaren Bock auf die Tour zu Tage gefördert, obwohl sich die Show in Chur im Vorfeld noch wie ein Fremdkörper im kraftklub-freien Oktober angefühlt hat. In drei Wochen werden wir hoffentlich jeden Abend mit einem derart breiten Grinsen vor der Bühne stehen. Was für eine Aussicht!
Tja, eigentlich wäre das ein wunderschöner Abschluss für den Bericht aus Chur gewesen, doch es wäre nicht die Schweiz, wenn uns nicht noch eine weitere Kuriosität widerfahren wäre. Nachdem wir am Wellenbrecher unser endgültiges „Goodbye Sommer!“ Foto gemacht haben, wollten wir noch Pfand zurückgeben. Zur Rückbuchung hatte Inga ihre Kreditkarte bereits in der Hand, als wir uns zum ersten Getränkestand aufmachten. Dieser war jedoch heillos überfüllt, sodass wir 100m weiter schlenderten, wo uns allerdings die gleiche Menschenmasse erwartete. Ein Stück weiter entfernt machten wir schließlich einen Cola-Stand aus, an dem der Andrang nicht groß war.
Doch plötzlich befand sich Ingas Kreditkarte nicht mehr in ihrer Hand. Auch in den Taschen war sie nicht. Sofort sind wir den Weg abgegangen, in der Vermutung, sie sei runtergefallen – aber nein, die Karte war nicht mehr da, obwohl nur wenige Minuten verstrichen waren. Da wir den Verlust (oder Diebstahl!) sofort bemerkten, riet ich Inga zur Sperrung der Karte. Sie wollte eigentlich warten, aber ich hatte ein komisches Gefühl, das sich bewahrheiten sollte: In den zehn Minuten zwischen Kreditkarte rauskramen und Verlust hatte sich tatsächlich bereits jemand Bier auf Ingas Nacken gegönnt.
Falls du das also liest, Schweizer Dieb: Wir hoffen inständig, dass du ganz fürchterlichen Bierschiss hattest.
Weis ja nicht wie Ihr in die Schweiz seit aber das Stück ab Bregenz ist in österreich mautfrei.
https://www.adac.de/verkehr/oesterreich-teilstrecken-mautfrei/
Das ist eine Info, die wir vorher gebraucht hätten. Verdammt! In panischer Angst vor einem Strafzettel haben wir sofort bei der Plakette zugeschlagen. Aber hey, KK spielen ja kommende Woche in Wien…:)
Na hoffentlich kommt ihr dann nicht am Bregenz vorbei 🙂