Der Klub feiert seine Livepremiere im niedersächsischen Braunschweig und auch wir können eine neue Konzertstadt auf der Landkarte abhaken.
Braunschweig – öfter mal was Neues
Die Erwartungen an den Abend sind zunächst nicht sonderlich groß: Die VW-Halle, die von außen recht unpersönlich aussieht, hatte uns schon beim ersten Erspähen der Tourdaten erstaunt. Braunschweig, was ist denn das für ein kurioser Tourstopp? Gängigere Städte in der Ecke wären sicher Bremen oder Hannover gewesen, aber für eine neue Halle auf unserer Liste der gesehenen Venues sind wir prinzipiell immer offen.

Die Voraussetzungen für Braunschweig sind jedoch nicht die besten, da Hamburg am Vorabend mit einer hervorragenden Stimmung vorgelegt und die damit Messlatte hoch gehängt hat. Dennoch überrascht das Publikum angenehm, dessen Altersschnitt schon spürbar höher liegt, als noch auf einigen anderen Tourstopps dieser Tour. Ich begrüße das. Außerdem ist der Innenraum nicht so hoffnungslos überfüllt wie in Hamburg, was mich im Hinblick auf die Crowd Control schon einmal beruhigt. Durch den fehlenden Wellenbrecher war es in Hamburg stellenweise chaotisch und, wenn man es ehrlich betrachtet, wahrscheinlich auch gefährlich.
Was erlaube diese Setlist?
Immer wenn man denkt, die Setlist findet langsam feste Strukturen, überrascht einen der Kraftklub aufs Neue. In Braunschweig handelte es sich allerdings um keine Überraschung der guten Art, denn mit „Eure Mädchen“ und „Mein Leben“ flogen gleich zwei Songs von der Mit K ersatzlos aus dem Set.

Abgesehen davon, dass wir davon mitten im Pit mittelschwer betroffen waren, stellt sich die Frage nach dem Warum. Beides sind Songs, die eigentlich seit Jahren konstant im Set sind und entsprechend vom Publikum gefeiert werden. Das ist jetzt reiner Spekulatius, aber: Ich glaube nicht, dass die Songs rausgeflogen sind, weil man keine Lust mehr drauf hat. Ich glaube, die Songs wurden aus Entschärfungsgründen aus dem Set genommen, denn wenn ich richtig gesehen habe, stand der Synthi eigentlich parat, außerdem gab es einen zweifelhaften Austausch zwischen Toni und Felix während der Show, der diese Vermutung nahe legt. Obwohl es ruhiger war als am Vorabend, war es dennoch sehr wild – die Wellenbrecher-Sache, ihr erinnert euch.
Kurzum würde ich also vermuten, dass die Menge so unkontrolliert war, dass man die beiden Songs (die auch direkt nacheinander im Set folgen) geschmissen hat, um für Ruhe zu sorgen. Vielleicht lag es auch einfach an einer Curfew, aber dann finde ich die Streichung ausgerechnet dieser Hits eine dreiste Frechheit. Long story short, man wird seine Gründe gehabt haben und ich hoffe sehr auf ein heutiges Comeback, denn:
Egal wie, die Songs haben gefehlt, sehr sogar. Gerade das neue Intro von „Eure Mädchen“ macht mit den coolen Lichteffekten wirklich was her und ist eigentlich unersetzlich. Außerdem muss dieser Song ohne wenn und aber zurück ins Set, denn ich habe auf dieser Tour noch ein Jubiläum, das auf einer Songzeile daraus beruht.
Eine unspektakuläre, aber für uns ganz überragende Show
Nichtsdestotrotz hat uns das Konzert exorbitant gefallen, weil das Publikum nicht ganz so rauferisch war wie noch in Hamburg und es ein wahres Freudenfest war, durch die Pits zu springen. Gerade das letzte Drittel der Show ist allabendlich mein Highlight, weil es extrem gut ausbalanciert ist und ein furioses Finale des Konzerts einläutet. Nach dem Teil mit Band in der Menge, den Inga und ich für eine schnelle Getränke und Nikotinpause nutzen, geht es einfach nur noch nach vorne und ich erlebe genau den Kraftklub, den ich so liebe.

Obwohl die Show durch die zum schlechteren veränderte Setlist und das nicht ganz so ungestüme Publikum auf dem Papier natürlich schwächer ist als die in Hamburg, macht sie uns viel mehr Spaß. Dauergrinsen und Herzklopfen inklusive, ja, das war rein subjektiv für mich die beste Show dieser Tour bislang: Weil sie mich berührt hat. Fragt mich bitte nicht weshalb, denn rationale Gründe dafür fallen mir keine ein. Aber Touren ist eben eine emotionale Angelegenheit und wir wissen alle, dass Sachlichkeit und Emotion selten zusammenpassen.
In seinem Monolog vor „Randale“ erklärt Felix, dass sie sich immer als Liveband verstanden haben und auch genauso wahrgenommen werden wollen. Ich grinse dümmlich und nicke. Eine Liveband, das sind sie. Und zwar die beste. Liebs.
Der erste KK-Skeptiker wäre hiermit überzeugt
Ein Nachklapp zum Bericht aus Hamburg: Darin habe ich direkt die Hater aus meinem Dorf angesprochen, die sich leidenschaftlich gerne über den Klub lustig machen. Gestern in Braunschweig konnte ich tatsächlich einen Kumpel, der promotionsbedingt in die Ferne gezogen ist, zu einem Spontanbesuch der Kargo Tour hinreißen. Weder war er großartig mit der Musik betraut, noch mit der Band an sich- Im Vorfeld war ich mir ob seiner Skepsis nicht ganz sicher, doch hinterher sah ich auch ihn Strahlen. Ich glaube sogar, er war ein bisschen beeindruckt. Auf jeden Fall von der Intensität der Stimmung, denn er tat mehrfach kund, wie agil und dauer-springend dieses Publikum sei. Ja, da merkt man, dass er sonst eher bei Altherrenbands cornert. Egal wie, ich habe mich sehr gefreut, dass er sich auf Konzert und Band eingelassen hat. Und am Kauf des Tourshirts lese ich ab: Es hat ihm gefallen.
