Nachdem ich 2015 wegen einem spontanen Besuch auf dem Sziget Festival in Budapest meine Karte für die Hosen verkaufen musste und mir im Frühjahr die Arbeit bei den Broilers dazwischen kam, habe ich es gestern endlich mal in die BigBox geschafft. Die erste große Halle auf der Tour, das erste Mal die neue Show – ihr könnt euch vorstellen, wie aufregend der Tag war.
Alles ist nur halb so beschissen, wenn die Sonne scheint
Wenn man nach einigen Shows, bei denen der Einlass einfach nur aus einer Tür und einem Ordner besteht, wieder vor einem Tempel wie der BigBox steht, kann auch erfahrenen Erste-Reihe-Stehern mal die Muffe gehen. Plötzlich ist alles wieder so groß, es gibt viele Schleusen, die Laufwege in die Halle sind lang und dann sind da auch noch so unfassbar viele Menschen! Ein bisschen entspannt hat uns jedoch das Wetter, denn bei strahlendem Sonnenschein Eis essen ruft einfach bei jedem gute Laune hervor. Ähnlich erfreulich war die Tatsache, dass sich direkt gegenüber der BigBox ein großes Einkaufszentrum befindet. Das bedeutet für uns in erster Linie einen entspannten Tag, da wir Essen, Trinken und Toiletten direkt vor der Nase haben auch die Vorräte im Auto wieder aufstocken können. Auf jeden Fall schon mal eine Sorge weniger.
Obendrauf wird einem nicht langweilig, denn bei so einem großen Zentrum gibt es immer was zu schauen. Jaja, ich weiß, Menschen beobachten ist eher so Rentner-like, aber wenn die Polizei in Kempten plötzlich im Großaufgebot anrückt, um Mitarbeiter einer großen Fast Food Kette abzuführen, dann ist das schon mal Entertainment der anderen Art vor der Halle. Hinzu kam das wirklich unfassbar freundliche Personal der BigBox, was ich an dieser Stelle einfach mal herausheben will. Ich komme so viel in verschiedenen Konzerthallen herum und nette Leute in der Hallencrew sind dabei nicht immer selbstverständlich.
Einfach mal den Einlass verpassen? Okay.
Kurz vor Einlass standen wir alle äußerst angespannt in unseren Schleusen und wollten es einfach nur hinter uns bringen. Ein Ordner versuchte uns zu beruhigen, wie so oft mit dem tollen Satz „Aber ihr seid doch die Ersten! Ihr bekommt alle einen Platz vorne!“ – dazu Folgendes: Danke, das ist mir klar. Ansonsten würde ich auch nicht den ganzen Tag vor der Halle rumlungern, du Pfeife. Mir geht es um einen bestimmten Platz, an dem wir immer stehen. Das macht die Sache dann nämlich durchaus schwieriger.
Das obligatorische Frontrow Selfie machen wir nach all den Jahren leider immer noch. |
Nunja, auch zu mir kam der Ordner und versuchte mir die berühmte Einlasspanik, die mir wohl ins Gesicht geschrieben stand, zu nehmen. Wir verwickelten uns irgendwie in ein Gespräch in meiner Schleuse und erst als Sandra hysterisch aufschrie, habe ich dann realisiert, dass währenddessen der Einlass begonnen hatte. Einfach schön, wenn es am ersten Tag direkt so losgeht! Letztenendes hat es dann doch (mal wieder) irgendwie geklappt und wir standen auf unserem Stammplatz. Vermutlich wäre ich andernfalls nochmal raus, um dem Ordner ins Gesicht zu springen, aber ihr wisst ja, ich bin eine nette Person. Oder so.
Felix Brummers Oma würde sagen: In Kempten war der Deifel los!
Schon während der Umbaupause vor Kraftklub war klar, dass das Konzert körperlich anstrengend werden könnte. Es herrschte Gedränge, wir standen ordentlich gequetscht und die ersten Besucherinnen mussten sich durch die Ordner bereits aus dem Innenraum ziehen lassen. Generell ist aufgefallen, dass das Publikum noch jünger und noch weiblicher als auf den letzten Touren war. Man darf also gespannt sein, ob es sich dabei um ein Kemptener Phänomen handelt oder ob es heute in Stuttgart noch mal so ist – ich berichte morgen.
Es fühlte sich verrückt an, nach dem Sommer und den ganzen kleinen Shows ohne richtiges Intro wieder vor dem Kabuki zu stehen. Als dann vom Band Ton Steine Scherben mit Keine Macht für Niemand die Show eingeleitet haben, war die Gänsehaut endgültig da.
Tag 3, Setlist 3 – der Saftklub wird zum Überraschungsei
Achtung: dieser Absatz könnte Setlist-Spoiler beinhalten
Nach Salzburg und Dornbirn und den dort durchaus unterschiedlichen Setlisten, gingen wir davon aus, dass sich die Setlist für die großen Shows irgendwo in der Mitte einpendeln wird. Zu unserer absoluten Freude jedoch kam noch einiges dazu, unter anderem auch ein Song, den wir die ersten beiden Tage schmerzlich vermissten. Ich persönlich kann mich an kein Kraftklub Konzert mehr ohne diesen Song erinnern. Dementsprechend kann ich mich auch nicht daran erinnern, ihn jemals so gefeiert zu haben wie gestern, weil ich doch irgendwie befürchtet hatte, dass er nach all den Jahren auf dem Song-Sperrmüll gelandet war. Auch andere Stellen im Set muss ich positiv hervorheben, wie zum Beispiel das von mir in Salzburg noch bemäkelte Medley. Mit dem leuchtendem K und auf der großen Bühne ist das dann doch nochmal eine ganz andere Hausnummer.
Das Glücksrad ist wieder da! Nachdem es auf der letzten Tour schon regelmäßig für Highlights im Set sorgte, fand ich es schön, dass es auch auf der KNFN wieder zum Einsatz kommt. Für alle, die das Prinzip noch nicht kennen: auf diesem Glücksrad stehen verschiedene Songs sowie eine Kippenpause. Ein Fan aus dem Saal darf dann auf die Bühne und drehen. Das Resultat ist meist recht amüsant, gerade wenn jemand versucht, das Rad zu seinen Wünschen anzuhalten oder die Kippenpause (auf der Randaletour noch „Felix erzählt einen Witz“) gedreht wird. Eine tolle Möglichkeit, dass auch Wackelkandidaten es mal ins Set schaffen und ab und zu eine Rarität den Weg ins Set findet. Die aktuelle Bestückung des Rads ist leider nicht ganz so vielversprechend wie auf der letzten Tour (Stichwort Schlagerstars, wobei ich da auf Frankfurt baue. Grüße!), aber dennoch sehr gut. Gestern setzte sich ein Song von der „Mit K“ durch, der bereits im Sommer aus dem Set flog und eigentlich einer meiner absoluten Lieblingssongs ist. Bereit komplett zu eskalieren, machte mir allerdings Felix einen Strich durch die Rechnung…
Munteres Rätselraten oder auch: Felix Brummer macht den Campino
Selten, aber immer wieder lustig ist es, wenn Felix die Texte nicht mehr parat hat. Gestern ging es mit dem ersten Aussetzer beim Glücksradsong los, bei dem er einfach mal die erste Strophe ausließ um verzweifelt zu lachen. Herrlich, wenn man sich vor Augen führt, dass der Song jahrelang der Abschluss eines jeden Kraftklub Konzerts war. „Tja, vielleicht hätten wir den doch mal proben sollen“, versuchte man sich danach dafür zu rechtfertigen, wobei ich sagen muss, dass ich solche Situationen unfassbar gerne mag. Ein Künstler, der einen Fehler macht und ihn sympathisch auszumerzen versucht, ist mir tausend mal lieber, als ein Perfektionist, der immer alles steif und hundertprozentig macht. Ich liebe die spontanen Elemente in einer Show, die ungeplant und unvorhersehbar sind und einfach so passieren. Gestern haben sich diese Textmomente allerdings ungewöhnlich häufig wiederholt, denn bei einem späteren Song wurde einfach kurzerhand zwei Mal die erste Strophe gesungen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie wir gelacht haben. So dramatische Aussetzer kenne ich sonst wirklich nur von Campi, der ja mittlerweile dafür bekannt ist, jeden dritten Song zu verhauen und selbst die ältesten Hosen-Gassenhauer regelmäßig an die Wand zu fahren.
Das längste Kraftklub Konzert aller Zeiten
Auch bei der Dauer des Konzerts hebt man sich in den großen Hallen nun von den kleinen Shows ab. Knapp 20min länger waren die Jungs gestern auf der Bühne, das laut eigener Aussage längste Kraftklub Konzert aller Zeiten. Ich könnte mich durchaus daran gewöhnen, auch weil uns in der ersten Reihe durch den langen Teil auf der B-Stage eine angenehme Verschnaufpause zum doch recht turbulenten Geschehen vorne gegönnt war. Es bleibt abzuwarten, ob vielleicht doch nicht noch hier und da ein bisschen gekürzt wird, aber in meinen Augen war die Show in der Form gestern eine absolut runde Sache. Das neue Bühnenbild mit altbekannten Elementen wie dem K wusste zu überzeugen und ist auch von der Beleuchtung her absolut interessant anzusehen. Ich weiß garnicht, wie der „normale“ Besucher, der sich nur ein Konzert ansieht, mit all diesen Eindrücken fertig wird? Ich möchte hier auf viele Teile der Show noch garnicht eingehen, weil ich sie mir lieber noch einmal genauer ansehen möchte. Beim ersten Sehen ist doch immer viel Reizüberflutung dabei, gerade auch wenn im Graben gerade etwas passiert oder ein Surfer kommt.
Kurze Anekdote hierzu: gestern kam eine Frau, offenbar betrunken, an die erste Reihe und wollte vorne über den Graben rausgezogen werden. In den Armen hielt sie stolz eine Caprisonne. Als der Ordner sie über den Wellenbrecher hiefte, fing sie an, auf diese Caprisonne zu drücken, sodass sie unkontrolliert herumspritzte. Es sah aus, als würde irgendjemand in den Graben pinkeln. Der Ordner und wir, bereits klatschnass, waren mit der Situation leicht überfordert, doch die Frau hörte auch im Stehen nicht auf, ihr gottverdammtes Getränk im Strahl herumzuschwenken. Ich lache jetzt noch Tränen, vor allem, bei den durchaus verwirrten Blicken von der Bühne. Dinge, die man nur auf Konzerten erlebt. Absurd!
Alles in allem war das ein sehr energiegeladener Auftakt, der mir deutlich besser gefallen hat, als ich mit meiner Skepsis denn großen Hallen gegenüber vorab angenommen hatte. Ihr denkt vermutlich gerade, dass ich hier fleißig jeden Abend in den Himmel lobe, aber ey, es macht wirklich so großen Spaß, jeden Abend aufs Neue dabei zu sein und einfach die Momente zu genießen. Ich bin gerade wirklich glücklich.
Da ich heute aber nicht direkt alles vorweg nehmen will, bin ich bewusst nicht auf jedes Element der Show eingegangen. Wie gesagt, Vieles möchte ich auch sacken lassen und euch zu einem späteren Zeitpunkt darüber berichten. Jetzt sitze ich ohnehin vor meiner absoluten „Lieblingshalle“ (nicht) in Stuttgart und bin bereits unmotiviert für den Einlass heute Abend. Die Schleyerhalle, auch wenn sie so nah an meiner Heimat liegt, wird in diesem Leben vermutlich nicht mehr mein Freund werden. Da gefällt mir der Ausblick auf morgen deutlich besser: nach zwei Abenden in großen Hallen kann man sich so eine Clubshow in der Schweiz ruhig mal wieder genehmigen. Schaut vorbei!