Schon im Kindesalter war ich nicht das Mädchen, das in rosa Kleidchen mit Schleife im Haar Barbies gekämmt hat. Ich war eher das Mädchen, das dem eigenen Vater die CDs geklaut hat, weil die Cover irgendwie spannend aussahen. So fand ich damals den Weg zu Rammstein und es sollte sich schnell herausstellen, dass ich nicht nur das Cover ansprechend fand.
Nachdem mein Vater, die eingängigen Bitten meiner Mutter ignorierend, gemerkt hat, dass in seinem Kind ein vernünftiger Musikgeschmack schlummert, wurde ich von nun an mit Musik versorgt. Während andere Erstklässler zur neusten Schlümpfe-CD getanzt haben, saß ich mit Papa auf der Couch und genoss die Master of Puppets von Metallica. Nachdem ich die Herren in den letzten Jahren nun ein paar Mal sehen durfte, gab es am Freitag den überfälligen Papa-Kind Ausflug zur größten Trümmer-Kapelle der Welt.
Metallica is back!
Die Vorzeichen für den Abend waren gut, so haben Metallica im vergangenen Jahr nach erschreckend schwachen Vorgängern endlich mal wieder ein vernünftiges Album an den Start gebracht. Mit „Hardwired…to self-destruct“ ist es ihnen gelungen, den Staub von den Kitteln zu pusten und die Fans endlich mal wieder mit dem zu versorgen, was sie wollen. In Anbetracht dieser vielversprechenden Grundlage muss ich euch nicht sagen, wie groß die Vorfreude im Vorfeld war. Umso ärgerlicher ist die Tatsache, dass Papa und ich beide schwer grippegeplagt den Weg in die Halle antraten. Trotz Fieber hat keiner von uns auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, die Show ausfallen zu lassen. Metallica hat man immerhin nicht jeden Tag quasi vor der Haustüre. Und so viel sei gesagt: für die 2:20 Spielzeit war ich komplett geheilt.
Die erste Überraschung gab es direkt am Einlass, wo man tatsächlich die Personalisierungen auf den Karten kontrollierte. Nach den Berichten von den Köln-Shows im September war das durchaus verwunderlich, so hat man die Personalisierungen dort gänzlich ignoriert. Ich nehme die Wartezeit gerne in Kauf, da das der einzige Weg ist, dem immer nerviger werdenden Schwarzmarkt in die Quere zu kommen. Gerne mehr davon!
Runde Bühne, runde Sache?
In der Halle fiel der erste Blick auf die imposante Rundbühne. Ein Setup, was man in der Form sicher nicht jeden Tag zu sehen bekommt. Die mittig im Innenraum befindliche Bühne wurde umrahmt von ca. 40 Videowürfeln, die darüber hingen. Von vergangenen Shows war bereits klar, dass diese nicht in jeder Halle beweglich sind, da nicht jede Halle groß genug für den kompletten Aufbau ist. Die Spannung war also doppelt groß, da wird unbedingt die ganze Bandbreite sehen wollten.
Öfter mal was anderes – die Videowürfel wussten zu überzeugen. |
Die Show begann pünktlich um 20:45 mit zwei Songs von der neuen Platte, die von den Videowürfeln mit stimmigen Visualisierungen unterstützt wurden. Jedoch blieben die Würfel, entgegen der Erwartungen, zunächst starr und bewegungslos. Ein Funken Enttäuschung macht sich breit. Dieser sollte aber schnell weichen: Als beim dritten Song das Riff von Seek and Destroy angespielt wurde, setzen sich die riesigen Würfel plötzlich ruckartig in Bewegung und rauschen runter Richtung Bühne. Ich hatte am ganzen Körper Gänsehaut und der Geräuschkulisse nach zu urteilen, ging es mir da nicht alleine so. Eine großartige Inszenierung und eine amtliche Ansage zu Beginn der Show. Es hat sich absolut gelohnt, diesen Effekt für die ersten Songs aussetzen zu lassen, um mit dem ersten großen Hit des Abends das Publikum komplett zu fesseln. Bei mir und meinem Vater ist das einhundertprozentig gelungen – wir starrten mit weit geöffneten Kiefern Richtung Bühne.
Erwähnenswert ist, dass die Songs der Hardwired sich extrem gut ins Metallica-Live-Gefüge eingefunden haben. Den ganzen Abend über war tatsächlich kein Song dabei, der gestört oder runtergezogen hätte. Das hängt meiner Meinung nach auch mit der absolut stimmigen Visualisierung auf den Würfeln zusammen, sowie einigen netten kleinen Gimmicks, die die Show abgerundet haben. So waren bei „Moth into a flame“, meinem btw absoluten Lieblingssong der Hardwired, leuchtende Drohnen unterwegs, die über der Band kreisten und sich jagten. Etwas Abwechslung zu dem, was man im deutschen Konzertalltag so zu sehen bekommt. Tolle Geschichte, die perfekt mit dem Song abgestimmt war und die einen zeitweilig fast vergessen ließ, dass da ja auch noch eine Band auf der Bühne steht.
Stimmungsmäßig muss man aber trotzdem hervorheben, was für ein Raunen durch den Saal ging, sobald ein alter Song angespielt wurde. Unglaublich, wie textsicher das Publikum bei den zahlreich gespielten Hits war & wie sogar ganze Riffs mitgesungen wurden. Absolute Gänsehautmomente hierbei waren The memory remains und, wie sollte es anders sein, Nothing else matters. Ich habe selten ein Publikum lauter Singen gehört.
Das Setlistkarussell war gnädig
Ohnehin hat sich die Setlist im Vergleich zu vorigen Shows der aktuellen Tourrutsche in Mannheim nur zum Positiven verändert. Natürlich ist das immer subjektiv, aber ich finde es erstaunlich, was ein paar kleine Änderungen in der Setlist direkt ausmachen können. Ich jedenfalls war hoch erfreut darüber, dass „The memory remains“ und „Sanitarium“ ihren Weg in die Show fanden – im Nachhinein tatsächlich kleine Highlights des Abends. Ich glaube, hier gibt es objektiv betrachtet, wirklich nicht viel zu meckern – dass auf einer Albentour eben viel aktuelles Material gespielt wird, sollte im Vorfeld jedem klar sein. Trotzdem wurden zahlreiche Klassiker gespielt, so dass wirklich kein Fan traurig nach Hause gehen musste.
Ebenso positiv war der Sound in der SAP Arena, was nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit darstellt. In der Blechschüssel, die hier im Umkreis liebevoll „Ufo“ genannt wird, habe ich schon so manchen Tontechniker die Haare raufen sehen. Gerade bei den Hosen war der Sound hier zuletzt ein mittelschweres Fiasko. Im Vorfeld hatte ich durchaus meine Bauchschmerzen, ob es denn wohl so schlau war, ausgerechnet die Mannheimer Show zu besuchen. Hier muss ich jedoch zugeben: jeder Zweifel war umsonst. Der Sound war (abgesehen von Kvelertak) glasklar und wirklich bemerkenswert gut. Chapeau, das kam unerwartet.
Fassen wir also zusammen:
Man kann von Metallica im Jahre 2018 halten, was man möchte. In den letzten Jahren haben sie den Kritikern mit diversen Äußerungen, abenteuerlichen Klagen und dem ein oder anderen Fehlgriff ohne Zweifel genug Futter gegeben.Was man ihnen jedoch nach wie vor nicht absprechen kann, sind ihre Live-Fähigkeiten. Von der ersten Sekunde das Publikum derart im Griff zu haben ist auf jeden Fall nicht selbstverständlich. Die Energie, die ‚tallica an diesem Abend rübergebracht haben, hat angesteckt und ich bin mir sicher, dass diese Show am Ende des Jahres in meiner Bestenliste weit vorne landen wird.
Endgültiges Fazit unsererseits: Metallica – jederzeit gerne wieder!