Was wurde sich nicht im Vorfeld das Maul zerrissen, über die diesjährige Ausgabe von Rock im Pott. Zu teuer, mieses Lineup, unnötige Unterteilung in Front of Stage Bereiche.
Eine fette Pleite wurde dem Festival bereits vor Monaten vorausgesagt, was sich dann auch irgendwie in der 2 für 1 Ticketaktion bestätigt hat. Jeder rechnete irgendwie mit leeren Rängen und schlechter Stimmung. Ich war vor Ort und meine Eindrücke sind überraschenderweise ganz anders.
Zugezogen Maskulin, K.I.Z., Kraftklub, Die Toten Hosen
Okay, dass ich dem miesen Lineup nicht zustimmen würde, ist bei Kraftklub und den Hosen in der Spitze ja wohl klar. Die Ticketpreise sind definitiv auch eine Dreistigkeit, wenn man sich überlegt, dass man sich beinahe für das gleiche Geld, was ein Front of Stage Ticket kostet, die Bands alle einzeln ansehen kann. Aber trotz all dieser Kritikpunkte im Vorfeld hat es mich überrascht, am Samstag eine fast volle Veltins Arena vorzufinden. Aber fangen wir vorne an:
Nach ein paar heiteren Stunden in meiner Lieblingsdisziplin „Vor der Halle warten“ gab es endlich mal wieder einen nervenaufreibenden Sprint in die Arena. Im Hinblick auf die kommenden Touren diesen Winter bin ich sehr beruhigt zu wissen, dass ich über den Sommer nicht eingerostet bin und immer noch flink wie ein Wiesel die Ordner im Slalom umschiffen kann. Die Voraussetzung für einen gelungenen Konzerttag, der Stammplatz nämlich, war also geschaffen.
Ein Wiedersehen gab es direkt zu Beginn mit Zugezogen Maskulin. Auf der 2014er Klubtour der Herren aus Chemnitz waren ZM Support und ich durfte damals bereits in den Genuss von 10 Shows von ihnen kommen. Was am Anfang noch der blanke Horror war, gefiel dann aber auf der Tour immer besser. Umso mehr habe ich mich also gefreut, die sympathischen Jungs mit neuem Material bei Rock im Pott zu sehen. Die zu dem Zeitpunkt noch relativ dünn gefüllte Veltins-Arena war jedoch eher verhalten. Auch hier überwog der bereits im Vorfeld auf Facebook wahrgenommene Tenor: „aber es heißt doch ROCK im Pott“ – Blicke über den musikalischen Tellerrand waren beim Durchschnittsbesucher des Festivals eher nicht vorhanden.
Grim und Testo, wie immer mit Unterhaltungswert und inklusive Champagner Dusche. |
Besonders gespannt war ich am Samstag auf die Jungs von K.I.Z., war ich doch nach den zuletzt gesehenen Konzerten (vorsichtig ausgedrückt) eher mäßig begeistert. Als Fan der ersten Stunde bin ich leider bei K.I.Z. der Musiknazi, der die neuen Sachen einfach nicht mal ansatzweise so gut findet wie damals die alten Sachen. Logisch, dass ich bei sehr monotonen, da aktuellen Setlisten eher genervt nach Hause ging.
Im Zuge des zehnjährigen Jubiläums von Hahnenkampf (scheiße, ich werde alt) lebte in mir am Samstag jedoch die Hoffnung auf eine Special-Setlist.
Zunächst schien mir dieser Wunsch auch gewährt zu werden – als sie mit Hahnenkampf auf die Bühne kamen gab es kein Halten mehr. Leider nahm die Setlist dann jedoch wieder die Kurve, die ich einfach nicht mag – viel zu viel von den beiden letzten Alben. Die Inszenierung mit dem Kriegsthema finde ich mittlerweile auch etwas ausgelutscht. Was jetzt summa summarum vielleicht negativ klingen mag, war dann aber doch kein schlechter Gig. Ich hatte endlich mal wieder Spaß bei K.I.Z. – trotz der Setlist. Nicht auszudenken, was das für ein Abriss geworden wäre, wenn man einfach mal nur die Hahnenkampf gespielt hätte. Ich sollte aufhören zu träumen.
Erwähnen sollte man auch das Entsetzen, was sich während des K.I.Z. Gigs in der ersten Reihe unter den eingefleischten Hosenfans breitmachte. Durch die Schrägen an den Wellenbrechern hatten wir exzellenten Blick auf die Leute rechts und links von uns – was definitiv eines der Highlights der Show war. Dass K.I.Z. einen sehr speziellen Humor haben, muss ich den meisten von euch nicht erzählen. Den Hosenfans hätte man das allerdings vorher sagen sollen:
schon nach den ersten Songs starrten verwirrte Gesichter auf die Bühne. Als die Jungs in Fahrt kamen und auch die Ansagen feuriger wurden, flog dann hier und da auch ein Bier nach oben. Bei Maxims ironischem Kommentar über die „asozialen Hosenfans“ kamen die Stinkefinger hinzu. Und bei Adolf Hitler klappten einfach nur Unterkiefer nach unten, Kopfschütteln, Verzweiflung. Ein Bild für Götter, wirklich!
v.l.n.r.: Nico, Tarek, Maxim, DJ Sex. |
Was im Anschluss kam war dann natürlich in erster Linie emotional:
Das große Finale von „Kein Sommer für Niemand“ der Kraftklubs. Schon verrückt, nach so einem Sommer dann den wirklich letzten Auftritt zu sehen. Ich muss vermutlich nicht erwähnen, dass wir uns bereits bei den ersten Tönen von „Am Ende“ alle kurz ein Tränchen verdrücken mussten. Eine emotionale, aber dennoch sehr schöne Show rundete einen perfekten Sommer ab. Es war verrückt, zum Abschluss die Show, an der man selbst auch schon mitgewirkt hat, noch einmal von vorne erleben zu können. Mit der Setlist war ich allerdings auch bei den Kraftis nicht ganz einverstanden. Anstatt Hallo Nacht, was direkt nach Am Ende folge, hätte ich mir lieber Venus oder Liebe zu Dritt gewünscht, wenn es denn schon ein neuer Song sein soll – nach wie vor ist Hallo Nacht nämlich für mich der schwächste Song auf dem Album. Aber: Meckern auf hohem Niveau.
Bei all den Emotionen bin ich froh, dass es bald weitergeht und keine Zeit ist, um in ein Tourloch zu fallen.
Denn im Studio sind 44 Grad! |
Um mein persönliches Lineup der Liebe abzurunden, folgte dann noch das große Finale mit der Band, die mich in diesen ganzen Tourerwahnsinn erst reingeschleudert hat: den Toten Hosen.
Im Laufe dieses Sommers kam ich aufgrund meines Tänzerdaseins nur schwache vier mal dazu, mir die neue Show anzusehen & dann auch nie von vorne. Umso mehr Bock hatte ich auf die Show in der ersten Reihe. Schon beim Intro hatte ich Gänsehaut und mir war klar, dass dieser Abend definitiv in die richtige Richtung geht.
Zwar gab es bei den ersten beiden Songs erhebliche Soundprobleme, welche sich dann aber relativ schnell eingependelt haben. Es ist schön zu sehen, wie die neuen Sachen live funktionieren und sich entwickeln. Dass ich Campi und seinem unfassbaren Charisma verfallen bin, dürfte den meisten von euch nicht neu sein. Am Samstag jedoch war es für mich einfach nur schön, das endlich mal wieder aus der ersten Reihe erleben zu können. Macht richtig Laune auf die (Na)Tour im November!
Walk on. |
Mein Fazit zum Pott:
Manchmal sollte man die Schwarzmalerei im Vorfeld einfach sein lassen und die Dinge auf sich zukommen lassen. Ich habe tolle Konzerte bei (zumindest bei den beiden Mainacts) gut aufgelegtem und vor allem zahlreich vorhandenen Publikum gesehen. Sollte das Lineup passen, werde ich diese Veranstaltung auf jeden Fall wieder mitnehmen.