Monate der Vorfreude schlagen in Realität um: endlich Tourstart. Ich sitze gerade bei strahlendem Sonnenschein im Auto vor dem Dornbirner Conrad Sohm. Während Sandra einen Spaziergang macht, die wirklich schöne Gegend erkundet und Inga ein Nickerchen macht, versuche ich bei einem RedBull meine Gedanken zu sortieren und die vielen Eindrücke von gestern irgendwie in Worte zu kleiden. Wenn es endlich losgeht, passiert immer so viel auf einmal, dass man gar nicht recht weiß, wo man anfangen soll. Im Verlaufe des gestrigen Tages kamen mir so viele Ideen, was ich hier alles erwähnen und aufgreifen könnte, dass ich mich gerade regelrecht bremsen muss. Aber fangen wir chronologisch an.
Direkt zum Auftakt stand uns erstmal eine Fahrt ins Nachbarland bevor. Mit knapp 550km schon zu Beginn eine ordentliche Strecke, die sich als nerviger herausstellen sollte, als ursprünglich erwartet. Ein kleines bisschen Vorahnung muss allerdings doch dabei gewesen sein, als wir beschlossen haben, aus Bequemlichkeitsgründen bereits am Vorabend die Reise anzutreten. Bis München lief für uns eigentlich alles geschmeidig, bis sich die Autobahn spontan dazu entschloss, in eine eine einzige Baustelle zu mutieren. Als wären die ständigen Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht ätzend genug, war die Strecke irgendwann gänzlich gesperrt und wir standen mitten in der bayerischen Pampaidylle. Leider wussten weder Navi noch wir Rat, nach kurzer Panikattacke haben wir unseren Weg dann aber schließlich doch noch gefunden.
Das Rockhouse und ein langer Tag
Das Rockhouse, recht zentral in der Stadt gelegen, erscheint von außen recht modern und erweist sich mit etlichen Sitzgelegenheiten direkt vor dem Einlass als sehr tourerfreundlich. Ähnlich entspannt war unsere Parksituation, in Sichtweite zur Tür geparkt, ließen sich erstmal ein paar Stunden Schlaf aufholen. Und dann folgte das, was der Ausdruck „Hassliebe“ am besten charakterisiert: Das stundenlange vor dem Einlass herumlungern. Da es vor dem Rockhouse doch recht schattig war, haben wir uns in unsere Schlafsäcke gekuschelt und, wie so oft in den nächsten Wochen, über Gott und die Welt (und vor allem die Musik) geredet. Ein Aspekt des Tourens, den ich absolut schätze, der bei miesem Wetter und totaler Übermüdung aber auch einfach hässlich sein kann. Gestern wollte die Zeit zwar nicht rumgehen, aber da wir uns alle lange nicht gesehen hatten und vor Neugier auf die neue Show fast platzten, gab es genügend Themen auszudiskutieren.
Morgens, halb zehn in Österreich. |
Ein kurzer Exkurs, falls sich der ein oder andere von euch bereits fragt, wie wir uns eigentlich ernähren, wenn wir von früh bis spät vor einer Tür rumsitzen:
Rundum all das, was ihr auf Festivals so dabei habt. Da wir im Voraus nie genau wissen, wo und ob wir zum Einkaufen kommen, sind die Autos besser bestückt als manch kleiner Lebensmittelmarkt auf dem Dorf. Zur Stärkung gönnen wir uns dann mittags meist einen Lieferdienst. In der Regel sind die wenig begeistert, wenn man ihnen mitteilt, dass man am Einlass einer Konzerthalle sitzt und sie bitte auch genau da hin kommen sollen, aber in den meisten Fällen kommt das Essen dennoch an.
Leider verursacht das obligatorische Mittagessen von gestern einigen von uns noch heute Bauchschmerzen. Merke: nicht alles, was auf Lieferando vier Sterne hat, ist auch essbar! Über die kulinarischen Gaumenfreuden auf Tour möchte ich euch an späterer Stelle nochmal ausführlicher instruieren. So viel vorab: Bifi Roll und McDonalds Frühstücksburger retten Leben und enttäuschen einen NIE!
Zurück zum Rockhouse. Schön, dass die erste Show der Tour im kleinen Rahmen stattfindet und wir uns langsam wieder an die großen Hallen herantasten können, die uns dann in den nächsten Wochen erwarten. Hier wird mit Sicherheit „Einlasspanik“ ein zentrales Stichwort sein, aber dazu dann spätestens am Samstag in Stuttgart mehr. Gestern konnten wir noch gemütlich bei Einlass in die Halle schlendern und gespannt wie Flitzebogen unsere Stammplätze in der ersten Reihe beziehen.
Endlich wieder Vorbands! Oder nicht?
Ein ähnlicher Garant wie das all-abendliche „Seid ihr bereit für Randale?“ ist die Ansage von Felix für die Vorbands. Seit Jahren unverändert, folgt nach einer kurzen Vorstellung seinerseits die Geschichte davon, wie oft sie selbst Vorband waren und dass es nun an der Zeit wäre, anderen Bands ebenfalls diese Chance zu bieten. Nach Bands wie Wanda, Drangsal oder unseren All-Time-Favourites von ZM sind auf der ersten Hälfte der KNFN-Tour Gurr zu Gast.
Ich dachte ja, seit ich mit Tocotronic klar komme, bin ich endgültig warm geworden mit Indie. Nunja, Gurr haben mich eines Besseren belehrt. Die drei Mädels plus Drummer, die schon auf den ersten Blick gerade zu „Indie!“ schreien, klingen auch ganz genauso. Die doch recht charismatische Frontfrau singt mal auf Deutsch und mal auf Englisch, wobei mich der Sound dabei immer mal wieder an eine etwas fröhlicher angehauchte Nina Hagen erinnerte. Leider schaffen es die Mädels auch trotz großem Bemühen zu keiner Zeit, mich abzuholen. Die Songs sind, wenn man den Ansagen glaubt, thematisch zwischen Schule und Snapchat verortet. Bestätigen kann ich euch das leider nicht, da wir bereits froh waren, wenn wir verstanden haben, um welche Sprache es sich handelt. Da kann auch ein Hollaback-Girl Cover der Sängerin nichts rausreißen, auch wenn ich mir ab da ein bisschen eingebildet habe, sie klingen wie No Doubt. Andererseits hätte der letzte Song durchaus auch ein Baboon-Show Cover sein können (Energie der Sängerinnen stimmt zumindest absolut überein). Wie ihr seht, ich habe viele sehr unterschiedliche Eindrücke von dieser Band gesammelt und dieses bunte Bild beschreibt es eigentlich recht gut. Leider sprach mich keine der gezeigten Facetten so wirklich an, weswegen ich mich permanent in einem Zustand zwischen Erstaunen und Verwirrung befand. Generell kann man das als Fazit so stehen lassen, was Inga und Sandra, die neben mir standen, so auch unterschreiben.
Nun war es ja in der Vergangenheit schon häufiger so, dass uns die Kraftklub-Vorbands zu Beginn einer Tour nicht reinlaufen wollten. Ebenso oft erlebten wir dann Metamorphosen – was wir anfangs noch recht schroff runterredeten, war bis zum Ende der Tour dann ein Kracher und machte großen Spaß. Gerade Zugezogen Maskulin und Wanda waren für uns anfänglich eine Folter, ehe wir uns dann darauf eingelassen haben und es feiern konnten.Ich möchte nicht kategorisch ausschließen, dass uns das mit Gurr nicht auch passieren kann, aber meine Prognose dafür ist momentan eher wolkig. Für mich passen sie nicht unbedingt vor Kraftklub und ich bin auch mehr als gespannt, wie das die großen Hallen gegen Ende der Woche quittieren werden. Sollte sich also an unserer Haltung während der Tour was ändern, lasse ich euch selbstverständlich davon wissen – ansonsten übergehe ich die Mädels in den kommenden Berichten erstmal elegant.
Die Band mit dem K
Nach einer Umbaupause von 30 Minuten ertönten dann endlich die ersten Töne des Intros und die Tour war feierlich eröffnet. Ich liebe diesen Gänsehautmoment, wenn die fünf Dullis mit ihren Jacken auf die Bühne stolzieren und ich strahle, wie ein kleines Kind an Heiligabend. Das entlohnt sofort für die Strapazen des Tages, schon bevor der erste Song überhaupt gespielt ist.
Wie erzähle ich euch jetzt von dem Konzert, ohne komplett die Setlist zu spoilern? Ich fasse mich heute mal ganz kurz, da die kleinen Shows zum Auftakt ohnehin nicht ansatzweise so aussehen und wirken, wie das später in den großen Hallen der Fall sein wird. Die Setlist war an manchen Stellen altbekannt und an anderen Stellen dann durchaus sehr überraschend bestückt, wobei ich hier vermute und stellenweise auch hoffe, dass noch einiges ausprobiert wird. Ein neues Medley ist auch mit von der Partie, wobei ich auch da den Eindruck hatte, dass es noch ausgefeilt wird. Die Stimmung im Rockhouse war des Auftaktes würdig, der Schweiß tropfte von der Decke und das Publikum war sehr textsicher. Man hat auf jeden Fall gemerkt, welche Songs auf der Tour richtig einheizen werden und mein persönliches Highlight von der neuen Platte macht einfach unfassbar viel Spaß – schon jetzt bin ich freudig erregt beim Gedanken daran, dazu Crowdsurfen zu gehen. Abgerundet wurde das von einem erneut gut aufgelegten Kraftklub, dem ich allerdings ein bisschen Nervosität unterstellen würde. Aber wer wäre das nicht?
Was jetzt alles ein bisschen kryptisch klingt, ist der Tatsache geschuldet, dass ich all denen unter euch, die auf die Tour kommen, nicht alles vorweg nehmen will. Außerdem müssen die Eindrücke erstmal sacken und wie gesagt, es würde mich nicht wundern, wenn der heutige Abend ganz anders aussieht. In Kempten am Freitag erwartet uns dann die erste „große“ Show der Tour und bis dahin werde ich sicher ein bisschen mehr verraten. Natürlich mit Spoilerbox für alle Musiknazis, die sich von Setlisten gerne überraschen lassen. Grüße an dieser Stelle!
So ähnlich fröhlich wie Steffen war ich wegen der neuen Tourplakate. Wandschmuck für nach der Tour? Check. |
Alles in allem, ein semi-runder Tourauftakt, der aber definitiv Lust auf mehr macht. Ein neues Tourkapitel geht los, ich bin gespannt, was in den nächsten Wochen alles passiert. Jetzt ist erstmal Schlaf aufholen angesagt, da die Nacht mal wieder auf der Autobahn dahinging.
Wir sehen uns mit den Eindrücken aus Dornbirn morgen wieder – machts gut!